Ohrdruf

Sicherung der Goldberg-Brauerei in Ohrdruf zum Schutz der Kleinen Hufeisennase – Rhinolophus hipposideros

Im Jahr 2010 konnte nach über 40 Jahren zum ersten Mal wieder eine Wochenstube der Kleinen Hufeisennase  Rhinolophus hipposideros an der Nordabdachung des Thüringer Waldes nachgewiesen werden. Das Wochenstubenvorkommen befindet sich in einem leer stehenden Gebäude der ehemaligen Goldberg-Brauerei Ohrdruf (Landkreis Gotha). Da die Immobilie seit dem politischen Umbruch 1989/1990 nicht mehr in der Nutzung stand, wies sie inzwischen große Schäden gerade im Dach- und Hangplatzbereich auf und wäre zeitnah für die Art nicht mehr nutzbar gewesen. Aufgrund der naturschutzfachlich hohen landesweiten Bedeutung des Vorkommens erwarb die Stiftung FLEDERMAUS 2013 das Objekt und sicherte es für die Nutzung durch Fledermäuse.

 

Das Projekt

Erwerb und Sicherung
Zur Deckung der Kosten des Erwerbs und der geplanten Baumaßnahmen, stellte die Stiftung FLEDERMAUS einen Förderantrag im Rahmen der Förderinitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen, Programm „Entwicklung von Natur und Landschaft“ (ENL). Dieser wurde am 15.04.2013 von der oberen Naturschutzbehörde bewilligt.
Am 08.07.2013 wurde der Kaufvertrag für das Lagergebäude der ehemaligen „Goldberg-Brauerei“ unterschrieben.

Zur Herstellung der Baufreiheit konnten in einem Arbeitseinsatz durch ehrenamtliche Fledermausschützer der Interessengemeinschaft Fledermausschutz und -forschung Thüringen (IFT) e.V., Müll und Schrott aus dem Gebäude fachgerecht entsorgt werden.

Nachdem die Kleine Hufeisennase in ihre Winterquartiere abgewandert waren, konnten im Herbst 2013 die Baumaßnahmen begonnen werden.

Als erstes wurden im Innenbereich der Brauerei die losen Putz- und Mauerreste entfernt, defekte Türstürze und Mauerdurchbrüche repariert und das Obergeschoss des Nebengebäudes teilweise abgerissen. An gleicher Stelle entstand ein neuer Dachstuhl. Der zusätzlich Raum dient den Fledermäusen als Ausweichhangplatz, um bei unterschiedlichen Außentemperaturen den Hangplatz im Innenbereich nach dem Mikroklimaoptimum wählen zu können. Das Dach bekam eine komplett neue Dachhaut aus Blech. Marode Balken wurden getauscht. An der ehemaligen Stelle des Haupthangplatzes ermöglichen alte, wieder angebrachte Bretter den Tieren die Wiedererkennung ihren Wochenstubenquartiers. Durch die unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit der Materialien sind nun, in Bezug auf das Mikroklima, differenziertere Hangplatzmöglichkeiten entstanden.

Schaffung unterschiedlicher Hangplätze
Vor Maßnahmenbeginn beschränkten sich die Tiere auf die Nutzung eines Haupthangplatzes im Dachstuhl und wechselten den Hangplatz auch mit den sich ändernden Temperaturen wenig. In Zeiten gemäßigter Temperaturen wichen sie lediglich auf die unteren Geschosse aus. Im Zuge des Projektes konnte ein im Gebäude liegender, bis dahin hermetisch verschlossener Zugang, zu einem Felsenkeller geöffnet und den Fledermäusen somit als neues Winterquartier erschlossen werden.

Weitere Baumaßnahmen
Zur weitern Optimierung des Hangplatzangebotes wurden im Dachstuhl sogenannte „Hot-Boxes“, das heißt kleine Verschläge, in denen sich die Wärme staut, installiert.

Um ein stabiles und für die die Fledermäuse günstiges Raumklima zu garantieren und das Quartier dauerhaft vor dem Betreten durch Unbefugte zu schützen, wurden 2014 einige desolate Fensterläden und Tore des Gebäudes erneuert. Möglich war die Finanzierung dieser Maßnahmen durch Zuwendungen der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Gotha im Anschluss an das ENL-Projekt. Diese Maßnahme trug ebenfalls zur Winterfestigkeit des Gebäudes und somit zu einer Sicherung der Nutzung des Gebäudes als potenzielles Winterquartier bei.

Die Erneuerung von Toren und Fensterläden sollte zudem auch die Attraktivität für andere Fledermäuse steigern. Der Erfolg der Maßnahme zeigte sich bereits im Winter 2015-2016. Im Felsenkeller der Brauerei überwinterte ein Braunes Langohr, somit dient die Quartiersicherung nicht nur den Kleinen Hufeisennasen. Im darauffolgenden Sommer konnte diese Art auch in einem aufgebrochenen Hohlblockstein einer gemauerten Stütze auf dem Dachboden nachgewiesen werden. Hinweise auf andere Arten gibt es über diverse Kot- und Fraßspuren. Weiterhin gelangen inzwischen Beobachtungen von Einzeltieren des Großen Mausohrs und der Mopsfledermaus.

Ergebnisse

Zwischen März und September 2014 wurden insgesamt 10 Zählungen vorgenommen. Im März wurde die erste Kleine Hufeisennase im Quartier beobachtet. Von April bis September wurden konnten bei jeder Zählung Tiere nachgewiesen werden. Das Maximum erreicht die Kolonie im Juli mit 38 adulten und 18 juvenilen Fledermäusen. Dies Zahl lag im gleichen Bereich wie das Zählergebnis von 2013 und dokumentierte, dass die Tiere die Ertüchtigung der Dachhaut und die weiteren Maßnahmen angenommen hatten. Darüber hinaus nutzten die Tiere den Felsenkeller des Brauereigebäudes im Winter 2015-2016 zum ersten Mal als Winterquartier mit 10 winterschlafenden Tieren.

Aktuelle Zählung:
2023/Sommerquartier um die 140 Tiere

2023/2024 Winterquartier um die 35 Tiere

Hier investieren Europa und der Freistaat Thüringen in die ländlichen Gebiete.

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